Kindergeld: Rechtmäßigkeit der Auszahlungssperre

Die Auszahlungsbegrenzung nach § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG in der Fassung des SozialMissbrG ist nicht zu beanstanden (FG Schleswig-Holstein, Urteil v. 17.05.2022 – 4 K 110/21; Revision anhängig, BFH-Az. III R 27/22).
Hintergrund: Nach § 70 Abs. 1 S. 2 EStG erfolgt die Auszahlung von festgesetztem Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist – auch wenn der Anspruch auf Kindergeld materiell-rechtlich bereits früher entstanden sein sollte.
Die Norm ist nicht neu; die sog. „Auszahlungssperre“ fand sich früher in § 66 Abs. 3 EStG. Allerdings stellte der BFH fest, dass die Norm des § 66 Abs. 3 EStG systematisch dem Festsetzungsverfahren zuordenbar ist und vertrat daher die Auffassung, dass eine – dem Abrechnungsverfahren zuzuordnende – Auszahlungssperre dort keine Wirksamkeit entfalten könne. Als Reaktion darauf hat der Gesetzgeber die Norm des § 66 Abs. 3 EStG aufgehoben und mit dem Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch (SozialMissbrG, BGBl. 2019, 1066) in die Vorschrift des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG überführt. Die neue Vorschrift des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG – welche die Auszahlungssperre nunmehr dem „richtigen“ Erhebungsverfahren zuordnen soll – ist gem. § 52 Abs. 50 Satz 1 EStG auf Anträge anzuwenden, die nach dem 18.07.2019 eingegangen sind.
Hierzu führten die Richter des FG Schleswig-Holstein weiter aus:
• Die Anwendbarkeit des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG ist bereits in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung bestätigt worden.
• Durchgreifende (etwa verfassungsmäßige) Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Norm wurden nicht erkannt (vgl. FG Niedersachsen, Urteil v. 11.05.2021 – 12 K 246/20; FG Nürnberg, Urteil v. 28.07.2021 – 3 K 1589/20; FG Münster, Urteil v. 21.05.2021 – 4 K 3164/20); höchstrichterliche Rechtsprechung liegt zu dem Thema noch nicht vor (anhängige Verfahren beim BFH unter den Az. III R 21/21 und III R 28/21).
• Der Senat schließt sich der o.g. Rechtsprechung an.
Hinweis:
Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden, so dass beim BFH nunmehr unter dem Aktenzeichen III R 27/22 ein weiteres Verfahren zu dieser Thematik anhängig ist.