Regierungspläne für Bürgergeld – Bundesrat nimmt Stellung
Die Bundesregierung will die Grundsicherung zu einem modernen Bürgergeld fortentwickeln und so die staatliche Unterstützung bürgernäher, unbürokratischer und zielgerichteter gestalten. Zu diesem Gesetzentwurf hat sich der Bundesrat am 28. Oktober 2022 geäußert. In ihrer Stellungnahme fordern die Länder die Bundesregierung insbesondere auf, die mit dem Gesetz verbundenen Kostenfolgen zu überprüfen und etwaige Mehrkosten der Länder und Kommunen zu refinanzieren.
Was die Bundesregierung vorhat: Dauerhafte Arbeitsmarktintegration
Nach dem Wunsch der Bundesregierung sollen sich die über 5 Millionen Menschen, die in Deutschland Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beziehen, stärker auf Qualifizierung, Weiterbildung und Arbeitsuche konzentrieren können.
Höhere Regelbedarfe
Ziel ist eine dauerhafte Arbeitsmarktintegration. Außerdem gestaltet der Entwurf die Berechnung der Regelbedarfe neu: Sie sollen künftig nicht mehr rückwirkend, sondern vorausschauend an die Teuerungsraten angepasst werden. Die Regelbedarfe für das kommende Jahr wurden bereits entsprechend berechnet. Ab 1. Januar 2023 soll etwa ein alleinstehender Erwachsener 502 Euro erhalten – 53 Euro mehr als bisher.
2 Jahre Karenzzeit
Damit die Leistungsberechtigten sich auf die Arbeitsuche konzentrieren können, soll in den ersten zwei Jahren des Bürgergeldbezugs eine sogenannte Karenzzeit gelten: Die Kosten für Unterkunft und Heizung werden in tatsächlicher Höhe anerkannt und übernommen. Vermögen wird nicht berücksichtigt, sofern es nicht erheblich ist. Nach der Karenzzeit folgt eine entbürokratisierte Vermögensprüfung.
Auch hieran entzündet sich Kritik der Länder. Mit dieser Regelung würde eine nahezu unbegrenzte Anerkennung auch unangemessener Aufwendungen für Heizung während der zweijährigen Karenzzeit erfolgen, deshalb sollen die Kosten nur für die Unterkunft in tatsächlicher Höhe übernommen werden, fordert der Bundesrat in seiner Stellungnahme.
Freibeträge und Kooperationsplan
Für Bürgergeldbeziehende gelten zudem höhere Freibeträge als bislang. Die bisherige Eingliederungsvereinbarung wird durch einen Kooperationsplan abgelöst, den Leistungsberechtigte und Integrationsfachkräfte gemeinsam erarbeiten. Dieser Plan soll dann als „roter Faden“ im Eingliederungsprozess gelten. Mit Abschluss des Kooperationsplans gilt eine Vertrauenszeit. In diesem Zeitraum wird ganz besonders auf Vertrauen und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe gesetzt.
Leistungsminderungen weiter möglich
Wer Termine nicht wahrnimmt, muss nach den Plänen der Bundesregierung auch weiterhin mit Sanktionen rechnen – allerdings nur im Wiederholungsfall. Leistungsminderungen wegen wiederholter Pflichtverletzungen und Meldeversäumnisse betragen dann höchstens 30 Prozent des maßgebenden monatlichen Regelbedarfs. Kosten der Unterkunft und Heizung werden nicht reduziert. Es gibt keine Leistungsminderung, sollte sie im konkreten Einzelfall zu einer außergewöhnlichen Härte führen. Die verschärften Sonderregelungen für die unter 25-jährigen Hilfeempfänger entfallen.
Arbeitsmarktzugang Geringqualifizierter
Geringqualifizierte sollen auf dem Weg zu einer abgeschlossenen Berufsausbildung unterstützt werden, um ihnen den Zugang zum Fachkräftearbeitsmarkt zu öffnen. Eine umfassende Betreuung soll Leistungsberechtigten helfen, die besondere Schwierigkeiten haben, Arbeit aufzunehmen.
Höhere Freibeträge für Nebenjobs
Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende können künftig mehr ihres selbstverdienten Geldes behalten. Der Freibetrag für Hinzuverdienste soll auf 520 Euro steigen, damit junge Menschen die Erfahrung machen, dass es sich lohnt, einen Schüler- oder Studentenjob aufzunehmen.
Mit der Erhöhung des Freibetrags im Bereich zwischen 520 und 1 000 Euro von 20 auf 30 Prozent des erzielten Erwerbseinkommens steige der Anreiz zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze.
Bundesrat fordert weitere Schritte
Dies sei nur ein erster Schritt zur Verbesserung der Hinzuverdienstregelungen, monieren die Länder in ihrer Stellungnahme. Es sei insbesondere sicherzustellen, dass ebenso Personen, die Einkommen aus einer Ausbildungsvergütung oder Qualifizierung beziehungsweise Teilqualifizierung erhalten, sowohl von der Anhebung der Hinzuverdienstgrenzen als auch von der Neuausrichtung bei der Einkommensanrechnung im SGB II profitieren.
Sozialer Arbeitsmarkt
Nach dem Regierungsentwurf sollen die Regelungen zum „Sozialen Arbeitsmarkt“ künftig unbefristet gelten. Deren Ziel ist es, besonders arbeitsmarktfernen Menschen soziale Teilhabe durch längerfristige öffentlich geförderte Beschäftigung zu ermöglichen und Übergänge in ungeförderte Beschäftigung zu erreichen. Bislang sollte die Regelung am 31. Dezember 2024 auslaufen.
Nächste Schritte
Die Stellungnahme des Bundesrates wurde der Bundesregierung zugeleitet, die eine Gegenäußerung dazu verfasst und dem Bundestag zur Entscheidung vorlegt. Anschließend kommt das Gesetz noch einmal abschließend in den Bundesrat. Es bedarf seiner Zustimmung, um in Kraft treten zu können.