Körperschaftsteuer: Auslegung Gewinnabführungsvertrag
Der BFH hat zur Frage der steuerlichen Rückwirkung eines notariellen Nachtragsvermerks nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG entschieden (BFH, Urteil v. 13.07.2022 – I R 42/18; veröffentlicht am 15.12.2022).
Sachverhalt: Die Klägerin, eine GmbH, wurde im Juni 1991 von der V-GmbH als alleiniger Gesellschafterin gegründet. Im Dezember 1991 schlossen die Klägerin und die V-GmbH einen notariellen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag (GAV).
Streitig ist, ob in Fällen der Beurkundung nach § 13 Abs. 2 BeurkG bei der objektiven Auslegung eines gesellschaftsrechtlichen Organisationsvertrags neben dem Inhalt der auszulegenden Vertragsurkunde auch diejenige Urkunde heranzuziehen ist, die in der Beurkundung nach § 13 Abs. 2 BeurkG tatsächlich vorgelesen und bei einer Schwestergesellschaft zum Handelsregister eingereicht worden ist und ob eine Berichtigung eines Gewinnabführungsvertrags ex tunc auf § 44a Abs. 2 BeurkG gestützt werden kann.
Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen (Niedersächsisches FG, Urteil v. 15.6.2017 – 10 K 115/15, 10 K 116/15).
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:
• Dem zwischen der Klägerin und der V-GmbH abgeschlossenen GAV ist die steuerrechtliche Anerkennung für die Streitjahre mit der Folge zu versagen, dass der Gewinn der Klägerin nicht der V-GmbH als Organträgerin zuzurechnen ist. Das FG hat den Vertrag zutreffend dahingehend ausgelegt, dass die Vertragslaufzeit wegen fehlender Verlängerung abgelaufen war.
• Der im September 2012 – d.h. mehr als 20 Jahre nach Vertragsschluss – vom Amtsnachfolger des beurkundenden Notars gefertigte Nachtragsvermerk (§ 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG) kann für die Streitjahre nicht zur steuerrechtlichen Anerkennung eines GAV führen.
• Gewinnabführungsverträge sind nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus auszulegen. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte im Vertrag finden, können zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden (Bestätigung der Rechtsprechung).
• Die Korrektur einer Unstimmigkeit in einem Gewinnabführungsvertrag durch einen notariellen Nachtragsvermerk nach § 44a Abs. 2 Satz 1 BeurkG entfaltet jedenfalls dann keine steuerliche Rückwirkung, wenn sich der tatsächlich gewollte Vertragsinhalt nicht objektiv aus den Vertragsregelungen heraus ergibt und unklar ist, wie eine mögliche Lücke in der Vertragsurkunde zu füllen ist.