Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen
Gegen die Höhe des Säumniszuschlags nach § 240 Abs. 1 Satz 1 AO bestehen auch bei einem strukturellen Niedrigzinsniveau keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BFH, Urteil v. 23.08.2022 – VII R 21/21; veröffentlicht am 09.02.2023). Sachverhalt: Die Klägerin wendet sich gegen die Inanspruchnahme für bestandskräftig festgesetzte Steuerschulden ihres Ehemannes, des Steuerschuldners, gem. § 191 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO i. V. mit § 3 AnfG. Die Klägerin ist nichtselbständig tätig. Der Steuerschuldner ging in der Vergangenheit verschiedenen selbständigen und nichtselbständigen Tätigkeiten nach. Aus seinen selbständigen Tätigkeiten resultierten Steuerschulden, die seit dem Jahr 1999 zu Vollstreckungsmaßnahmen führten. Die Klägerin führte ihr Gehaltskonto zunächst bei der T-Bank. Am 04.06.2010 eröffnete sie ein Girokonto bei der R-Bank und nutzte dieses als Gehaltskonto. Die Klägerin erteilte dem Steuerschuldner eine Vollmacht über dieses Konto. Im Juni 2011 eröffnete die Klägerin erneut ein Konto bei der T-Bank und nutzte dieses nunmehr als ihr Gehaltskonto. Im Rahmen eines Kontenabrufverfahrens erfuhr das FA, dass der Steuerschuldner Verfügungsberechtigter des Kontos der Klägerin bei der R-Bank war. Auf der Grundlage eines Auskunftsersuchens stellte die R-Bank dem FA die Kontoauszüge für den Zeitraum von August 2011 bis März 2017 zur Verfügung. Nach vorheriger Anhörung forderte das FA die Klägerin durch Duldungsbescheid zur Zahlung von insgesamt 40.874,17 € auf. Dieser Betrag setzte sich aus Lohnsteuer 2012, Einkommensteuer 2013 bis 2015, Umsatzsteuer 2009 bis 2016 sowie Säumniszuschlägen in Höhe von 11.794,73 € zusammen. Diese Steuerschulden ihres Ehemannes waren zwischen dem 04.08.2011 und dem 20.02.2017 fällig geworden. Die Säumniszuschläge entfielen auf Zeiträume bis zum 28.04.2017. Das FA setzte die Säumniszuschläge insgesamt nur zur Hälfte an. Das FA führte in dem Duldungsbescheid u.a. aus, die Kunden ihres Ehemannes, des Steuerschuldners, hätten auf seine Veranlassung hin Zahlungen in Höhe von insgesamt 94.031,64 € auf das Konto bei der R-Bank geleistet. Aufgrund der ihm eingeräumten Vollmacht sei er befugt gewesen, über dieses Konto im eigenen Namen zu verfügen. Indem er die Zahlungen auf das Konto bei der R-Bank veranlasst habe, habe er eine Rechtshandlung mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AnfG). Eine Gläubigerbenachteiligung sei gegeben, da nicht er, sondern die Klägerin gegenüber der Bank eine Forderung erworben habe. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AnfG sei zu vermuten, dass die Klägerin von dem Benachteiligungsvorsatz ihres Ehemannes Kenntnis gehabt habe, da sie von seiner drohenden Zahlungsunfähigkeit und von den Zahlungen auf ihr Konto gewusst habe. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit sei gegeben, wovon die Klägerin aufgrund der vorherigen Geschehnisse Kenntnis gehabt habe. Zudem sei ihr der Vorsatz ihres Ehemannes nach § 166 BGB zuzurechnen. Einspruch und Klage gegen den Duldungsbescheid hatten keinen Erfolg (FG Münster, Urteil v. 19.05.2021 – 7 K 2714/18 AO).