Feststellungsbescheide zum steuerlichen Einlagekonto
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 21.12.2022 (I R 53/19) seine Grundsätze für die Anfechtung der Feststellungsbescheide für das steuerliche Einlagenkonto weiter präzisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
An der A-GmbH war die D-AG beteiligt und leistete im Streitjahr eine Einlage, die in die Kapitalrücklage eingestellt wurde. Die Feststellungserklärung der A-GmbH für das Einlagenkonto wurde fälschlicherweise mit 0 € angegeben. Die A-GmbH beantragte eine entsprechende Änderung, die vom beklagten Finanzamt, nachdem die D-AG mittels eines Einspruchs eine Änderung des Feststellungsbescheids beantragt hatte, als unzulässig abgelehnt wurde. Der Einspruch der D-AG wurde ebenfalls abgewiesen, da eine Drittanfechtung mangels eigener Beschwer der D-AG nicht möglich sei. Einspruch und Klage der D-AG blieben erfolglos, der BFH folgte dem.
Grundsätze und Entscheidung im Besprechungsfall
Einleitend stellt der BFH klar, dass die Kapitalgesellschaft als Adressatin des Feststellungsbescheids trotz der vorrangig anteilseigner bezogenen Wirkungen des Bescheids klagebefugt ist. Der Feststellungsbescheid bzgl. des Einlagenkontos richtet sich ausschließlich gegen die darin genannte Kapitalgesellschaft, auch wenn dem steuerlichen Einlagekonto für die eigene Ertragsbesteuerung der Kapitalgesellschaft keine unmittelbare Bedeutung zukommt. Dieser Bescheid entfaltet materiell-rechtliche Bindungswirkung auch für die Anteilseigner: Gilt das steuerliche Einlagekonto für die Leistung der Körperschaft als verwendet, so ist diese Verwendungsfiktion auch auf der Ebene der Gesellschafter zu beachten.
Ein Gesellschafter kann sich deshalb in einem die eigene Besteuerung betreffenden Verfahren nicht mit Erfolg darauf berufen, das steuerliche Einlagekonto sei im Bescheid über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos unzutreffend ausgewiesen. Ein Drittanfechtungsrecht des Gesellschafters folge daraus nicht. Zwar ist der Anteilseigner materiell-rechtlich vom Feststellungsbescheid mittelbar betroffen, jedoch kann die Körperschaft den Feststellungsbescheid vollumfänglich außergerichtlich und gerichtlich überprüfen lassen. Deswegen lehnt der BFH ein eigenes Anfechtungsrecht des Anteilseigners ab, zumal damit Rechtsfolgen verbunden wären, die gegen den Gesichtspunkt der Rechtssicherheit verstoßen würden.
Die Gesellschafter wären bei Zuerkennung eines eigenen Anfechtungsrechts wegen fehlender Bekanntgabe des Feststellungsbescheids an sie jederzeit befugt, die Feststellung mit dem Einspruch anzugreifen. Eine Bekanntgabe des Feststellungsbescheids an die Gesellschafter als denkbare Drittbetroffene würde keine Bestandskraft herbeiführen können, da bei größeren Kapitalgesellschaften der Gesellschafterbestand unüberschaubar bzw. die Bekanntgabe an künftige Gesellschafter unmöglich ist. Auch die Verjährungsvorschriften würden das etwaige Anfechtungsrecht des Anteilseigners in zeitlicher Hinsicht nicht eingrenzen, wie sich aus § 181 Abs. 5 Satz 1 AO ergibt. Der damit einhergehende Zustand „vollständiger Bestandskraftlosigkeit und Unverjährbarkeit“ wäre mit dem Gebot der Rechtssicherheit, das für das gesamte steuerliche Verfahrensrecht systemprägend ist, nicht zu vereinbaren. Daher folgte der BFH dem Urteil des Finanzgerichts.