Kindergeld: Leistungsklage des Jobcenters gegen die Familienkasse
Erstattungsansprüche des Jobcenters nach § 74 Abs. 2 EStG i. V. m. §§ 102 bis 105 SGB X sind mit der allgemeinen Leistungsklage geltend zu machen, da zwischen den Leistungsträgern kein Über- und Unterordnungsverhältnis besteht (BFH, Urteil v. 19.01.2023 – III R 36/21; veröffentlicht am 11.05.2023).
Sachverhalt: Die beklagte Familienkasse wendet sich gegen ein Urteil, wonach sie dem klagenden Jobcenter gemäß § 74 Abs. 2 EStG i. V. m. § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X einen Teil der von diesem in der Zeit von Juni bis Oktober 2017 nach dem SGB II an die Beigeladene (Kind) gezahlten Leistungen erstatten muss.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
- Erstattungsansprüche des Jobcenters nach § 74 Abs. 2 EStG i. V. m. §§ 102 bis 105 SGB X sind mit der allgemeinen Leistungsklage geltend zu machen, da zwischen den Leistungsträgern kein Über- und Unterordnungsverhältnis besteht.
- Für die Monate, in denen die Familienkasse rechtzeitig geleistet hat, scheidet ein Erstattungsanspruch des Jobcenters aus (Bestätigung der Senatsrechtsprechung, BFH, Urteil v. 02.06.2022 – III R 9/21, BStBl II 2022, 840).
- Ein Erstattungsanspruch ist außerdem ausgeschlossen, wenn die Familienkasse selbst geleistet hat, bevor sie von der Leistung des Jobcenters Kenntnis erlangt hat (Bestätigung der Senatsrechtsprechung, BFH, Urteil v. 02.06.2022 III R 9/21, BFHE 277, 294, BStBl II 2022, 840).
- Im Fall des § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB X hat die Familienkasse von der Leistung des Jobcenters Kenntnis erlangt, sobald eine entsprechende Mitteilung unter der eigens für Erstattungsanträge eingerichteten Funktionsadresse der Familienkasse eingegangen ist.
- Organisatorische Entscheidungen der Familienkasse, die dazu führen, dass dem für die Festsetzung und Auszahlung des Kindergelds zuständigen Sachbearbeiter eine in den Geschäftsbereich gelangte Information nicht bekannt wird, rechtfertigen es nicht, diese im Verhältnis zu Dritten als unbekannt zu werten.