Zurückgezahlte Erstattungszinsen als negative Einkünfte
Wer freut sich nicht, wenn der Steuerbescheid eine Erstattung ausweist und das Finanzamt zusätzlich auch noch Erstattungszinsen auszahlt? Dass die Erstattungszinsen zu steuerpflichtigen Kapitaleinkünften führen, die der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent unterliegen, ist zwar ärgerlich, aber angesichts der Steuererstattung verkraftbar.
Manchmal jedoch muss der Steuerbescheid noch einmal geändert werden. Sei es, dass das Finanzamt oder der Steuerpflichtige einen Fehler gemacht haben oder dass bestimmte Einkünfte noch nicht feststanden und jetzt nachträglich im Bescheid berücksichtigt werden. Dann kann aus der Erstattung schnell eine Nachzahlung werden und auch die Zinsen werden neu berechnet, sodass Erstattungszinsen zurückgezahlt werden müssen. Inwieweit es sich dabei um negative Einkünfte aus Kapitalvermögen oder um steuerlich unbeachtliche Nachzahlungszinsen handelt, hatte der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich in seinem Urteil vom 1. August 2023 (VIII R 8/21) zu entscheiden.
Der Steuerpflichtige erklärte im Streitjahr bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen negative Einnahmen aus der Rückzahlung von Zinsen zur Einkommensteuer. Erstattungszinsen stellen steuerrechtlich Einnahmen aus Kapitalvermögen dar, wohingegen Nachzahlungszinsen steuerlich unbeachtlich sind. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass auch bei einer vom Finanzamt „erzwungenen“ Kapitalüberlassung in Höhe der zu viel erhobenen Steuer eine entgeltliche Kapitalüberlassung vorliegt. Die Steuererstattungsforderung wird dann so verzinst, als habe der Fiskus ein Darlehen erhalten, das ihm der Steuerpflichtige – wenn auch gezwungenermaßen – gewährt hat. Rückzahlungen dieser Erstattungszinsen führen daher grundsätzlich zu negativen Einnahmen.
Die vom Steuerpflichtigen ermittelte negative Summe der Einnahmen resultierte aus Zinsfestsetzungen aus früheren Jahren. Dabei war jeweils zunächst eine hohe Erstattungssumme und nachfolgend in einem geänderten Bescheid eine Nachzahlung ermittelt worden. Dem Ursprungsbescheid und dem geänderten Bescheid lagen dabei unterschiedlich lange Zinslaufzeiträume zugrunde. Den an das Finanzamt zurückgezahlten Betrag berücksichtigte der Steuerpflichtige als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen in seiner Steuererklärung.
Das Finanzamt erkannte die von dem Steuerpflichtigen im Streitjahr gezahlten Zinsen nur insoweit als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen an, als diese auf dieselbe Bemessungsgrundlage und denselben Verzinsungszeitraum wie die zuvor festgesetzten Erstattungszinsen zur Einkommensteuer entfielen. Im Übrigen behandelte es die gezahlten Beträge als nicht abzugsfähige Nachzahlungszinsen. Dieser Einschätzung folgten sowohl das Finanzgericht als auch der Bundesfinanzhof.
Negative Einnahmen liegen nur bei Rückabwicklung der Zinszahlung vor. Ausweislich der Urteilsbegründung liegen negative Einnahmen in diesem Sinne nur dann vor, wenn die Rückzahlung der Zinseinnahmen durch das der Auszahlung zugrundeliegende Rechtsverhältnis veranlasst ist, es also zu einer Rückabwicklung der früheren Zinszahlung kommt. Diese Voraussetzung ist grundsätzlich und so auch im Streitfall nur insoweit erfüllt, als die aufgrund der erneuten Zinsfestsetzung von dem Steuerpflichtigen an das Finanzamt gezahlten Zinsen für denselben Unterschiedsbetrag und denselben Verzinsungszeitraum anfallen. Denn nur insoweit ist die Rückzahlung der Zinsen an das Finanzamt durch das der Auszahlung von Erstattungszinsen zugrundeliegende Rechtsverhältnis veranlasst.
Soweit es hingegen an einer zeitlichen und betragsmäßigen Überschneidung der gegenläufigen Unterschiedsbeträge und Verzinsungszeiträume fehlt, liegt keine Rückzahlung erhaltener Erstattungszinsen, sondern die (erstmalige) Zahlung von Nachzahlungszinsen vor.
Nachzahlungszinsen wirken sich nicht steuermindernd aus. Würde man bei der Frage, in welchem Umfang die Rückzahlung erhaltener Zinsen als Rückerstattung von Erstattungszinsen oder als erstmalige Zahlung von Nachzahlungszinsen anzusehen ist, an den im Festsetzungsteil des Zinsbescheids enthaltenen Saldo anknüpfen, wären im Ergebnis auch einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Nachzahlungszinsen steuermindernd berücksichtigt, was der gesetzlichen Regelung zuwiderliefe. Zudem würden bei einer solchen Betrachtung auch solche Zinsbeträge berücksichtigt, die außerhalb des ursprünglichen Verzinsungszeitraums liegen und deshalb schon begrifflich nicht „rückabgewickelt“ werden können.
Fazit: Werden Steuerbescheide und zeitgleich auch Zinsfestsetzungen geändert, muss sehr genau geschaut werden, in welcher Höhe diese als (negative) Einnahmen aus Kapitalvermögen im Zahlungsjahr zu berücksichtigen sind. Nur soweit die Zinszahlungszeiträume übereinstimmen, ist ein Ansatz möglich.