Pfändbarkeit einer tariflichen Corona-Prämie
Die tariflichen Corona-Prämien im Bereich des regionalen Nahverkehrs für die Jahre 2020 und 2021 sind kein unpfändbares Arbeitseinkommen und können unter Beachtung der Pfändungsfreigrenzen gepfändet werden (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 23.02.2022 – 23 Sa 1254/21; Revision zugelassen).
Sachverhalt: Ein Omnibusfahrer im Personennahverkehr hat im Rahmen eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen die pfändbaren Anteile seines Arbeitseinkommens an die Insolvenzverwalterin abgetreten. Seine Arbeitgeberin zahlte an ihre Beschäftigten im Jahr 2020 und 2021 eine tarifvertraglich geregelte Corona-Prämie. Voraussetzung für die Zahlung ist nach der tarifvertraglichen Regelung ein bestehendes Arbeitsverhältnis an einem bestimmten Stichtag und ein Anspruch auf Arbeitsentgelt an mindestens einem Tag in einem festgelegten Referenzzeitraum. An den Omnibusfahrer zahlte sie einen Teil der Prämie unter Hinweis auf die Pfändung und eine deshalb bestehende Verpflichtung zur Zahlung an die Insolvenzverwalterin nicht aus. Mit seiner Klage hat der Omnibusfahrer die vollständige Auszahlung der Corona-Prämien an sich verlangt und geltend gemacht, die Corona-Prämie gehöre nicht zum pfändbaren Arbeitseinkommen.
Das Landesarbeitsgericht hat entschieden:
- Die Arbeitgeberin hat zu Recht den pfändbaren Teil der tariflichen Corona-Prämien nicht an den Omnibusfahrer ausgezahlt. Die tariflichen Corona-Prämien sind kein unpfändbares Arbeitseinkommen i. S. von § 850a ZPO.
- Es handelt sich insbesondere um keine unpfändbare Gefahren- oder Erschwerniszulage oder Aufwandsentschädigung in diesem Sinne. Dies ergibt sich aus der Ausgestaltung der tariflichen Regelung. Diese unterscheidet nicht danach, in welchem Maße die Beschäftigten aufgrund der Corona-Krise besonderen Belastungen ausgesetzt sind, vielmehr sollten hier alle Beschäftigten unabhängig von den Umständen der Arbeitsleistung gleichermaßen von der Prämie profitieren.
- Insofern handelt es sich um eine andere Regelung als beispielsweise die Prämien im Pflegebereich nach § 150a SGB XI, bei denen es für Zahlungsansprüche darauf ankommt, in welchem Maße eine direkte Betreuung von Pflegebedürftigen erfolgt ist.