Hinzurechnung eines Kirchensteuer-Erstattungsüberhangs

Ein Erstattungsüberhang i.S. des § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG erfordert lediglich ein „Übersteigen“ der erstatteten Aufwendungen über die im Erstattungsjahr geleisteten Aufwendungen, die auch 0 € betragen können. Ein Kirchensteuer-Erstattungsüberhang liegt damit auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum der Kirchensteuererstattung keine Kirchensteuer gezahlt hat (BFH, Urteil v. 29.06.2022 – X R 1/20; veröffentlicht am 17.11.2022.

Hintergrund:

Sonderausgaben-Rückzahlungen an den Steuerpflichtigen sind nach der Rechtsprechung zur Verringerung des Verwaltungsaufwands zunächst im Erstattungsjahr (und nicht im Zahlungsjahr!) mit gleichartigen Sonderausgaben zu verrechnen (= Minderung gleichartiger Aufwendungen im Erstattungsjahr). § 10 Abs. 4b EStG sieht ab dem VZ 2012 explizit vor, wie mit einem Erstattungsüberhang bei bestimmten Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 bis 3a EStG) umzugehen ist. Danach werden Erstattungen für frühere VZ mit Sonderausgaben im Erstattungsjahr verrechnet. Übersteigen bei den Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 bis 3a EStG die Erstattungen im VZ die geleisteten Aufwendungen, ist der Erstattungsüberhang mit anderen im Rahmen der jeweiligen Nummer anzusetzenden Aufwendungen zu verrechnen. Verbleibt danach ein Erstattungsüberhang bei den Aufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 EStG, ist er nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG dem Gesamtbetrag der Einkünfte auch dann hinzuzurechnen, wenn sich um Versicherungsbeiträge handelt, die vor Inkrafttreten des § 10 Abs. 4b EStG zum 1.1.2012 geleistet wurden. Ein Erstattungsüberhang liegt auch dann vor, wenn entsprechende Sonderausgaben im betreffenden VZ überhaupt nicht geleistet wurden und ausschließlich eine Erstattung vereinnahmt wurde. Auch in diesem Fall ist die Erstattung im VZ ihres Zuflusses gewissermaßen als negative Sonderausgabe dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen.