Jahr des Rentenbeginns bei Altersrenten
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 31.08.2022 (X R 29/20) entschieden, dass für die Höhe des Besteuerungsanteils das Jahr maßgeblich ist, in dem die Voraussetzungen für die Erlangung des Rentenanspruchs erfüllt sind. Wird der Beginn des Renteneintritts auf Antrag aufgeschoben, ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die aufgeschobene Altersrente erstmals bezogen wird.
Sachlage im Streitfall
Der Kläger ist Mitglied eines berufsständischen Versorgungswerks. Er vollendete im Oktober 2009 das 65. Lebensjahr, was ihn grundsätzlich zum Renteneintritt berechtigte. Der Kläger beantragte bei dem Versorgungswerk, dass der Beginn der Rentenzahlungen um drei Jahre aufgeschoben wird. Während dieses Zeitraums blieb der Kläger weiterhin berufstätig und leistete weitere Beiträge an das Versorgungswerk.
Gegen den nach Renteneintritt erlassenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2016 legte der Kläger Einspruch ein. Denn der bei der Besteuerung der Altersrente abgezogene Rentenfreibetrag wurde nach dem Jahr des aufgeschobenen Renteneintritts 2012 ermittelt, so dass ein Besteuerungsanteil von 64 % statt dem im Jahr 2009 gültigen Besteuerungsanteil von 58 % angesetzt wurde. Nach der Auffassung des Klägers war der Rentenfreibetrag jedoch nach dem Jahr des ursprünglich vorgesehenen Renteneintritts 2009 zu ermitteln. Der Einspruch sowie die anschließende Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieben ohne Erfolg. Auch der BFH sah die gegen das FG-Urteil eingelegte Revision als unbegründet an.
Ermittlung des Rentenfreibetrags
Der Anteil von Altersrenten, der der Besteuerung unterliegt, wird nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ermittelt. Dieser richtet sich nach dem Jahr des Rentenbeginns sowie dem für dieses Jahr maßgebenden Prozentsatz aus der Tabelle. Die Differenz zwischen dem Jahresbetrag und dem der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente ist der steuerfreie Teil. Dieser gilt ab dem Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt, für die gesamte Laufzeit des Rentenbezugs.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Nach der Auffassung des BFH ist der für die Ermittlung des steuerpflichtigen Rentenanteils maßgebliche Beginn der Rente als Zeitpunkt der Erfüllung des Rentenanspruchs anzusehen. Die Finanzverwaltung sieht damit übereinstimmend den Zeitpunkt für die Ermittlung des Rentenanteils als maßgeblich an, ab dem die Rente tatsächlich bewilligt wird. Dementsprechend ist in Fällen, in denen der Beginn des Renteneintritts auf Antrag des Rentenberechtigten zur Erlangung eines höheren Rentenanspruchs über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus aufgeschoben wird, zur Bestimmung des Jahres des Rentenbeginns der Zeitpunkt maßgeblich, den der Rentenberechtigte als Beginn der aufgeschobenen Altersrente bestimmt.
Eine Ermittlung des Besteuerungsanteils nach dem Jahr 2009 wäre somit nur möglich gewesen, wenn der Renteneintritt nicht auf Antrag verlängert worden wäre. Entgegen der Auffassung des FG sah der BFH zudem keine Bindungswirkung eines einmal seitens des Finanzamts (FA) ermittelten Rentenfreibetrags. Wird also durch das FA einmal ein Rentenfreibetrag ermittelt, so kann dieser bei einer falschen Ermittlung im Nachhinein noch angepasst werden.