Schwimmen im Rhein während der Firmenfeier
Abmahnung statt Kündigung
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hatte über einen vielleicht etwas untypischen Fall zu entscheiden. Es ging um einen Arbeitnehmer, dessen Arbeitgeber den Arbeitsvertrag gekündigt hatte, weil der Arbeitnehmer während einer Firmenfeier unabgesprochen im Rhein geschwommen war (LAG Düsseldorf, Beschl. v. 18.07.2023 – 3 Sa 211/23).
In der Pressemitteilung des Gerichts v. 18.07.2023 heißt es dazu:
„Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Unternehmen der Aufzugsbranche, seit dem 01.01.2021 als Trainee zum Verkauf von Neuanlagen beschäftigt. Die Beklagte veranstaltete am 09.09.2022 erstmals wieder für alle Beschäftigten eine Betriebsfeier. Auf dem dafür angemieteten Restaurant- und Partyschiff am Kölner Rhein-Ufer waren ca. 230 Gäste, u.a. auch der Kläger, anwesend. Ab 14.00 Uhr wurde Alkohol ausgeschenkt. Nach 22.00 Uhr ging der Kläger vom Schiff, entkleidete sich am Ufer bis auf die Unterhose und schwamm vom Ufer aus jedenfalls teilweise um das Schiff. Er lief dann so bekleidet über das Partydeck an den Gästen vorbei zum Ausgang.
Die Beklagte hat dem Kläger vorgeworfen, er habe mit seinem Verhalten massiv den Betriebsfrieden gestört. Er habe sich selbst und andere erheblichen Gefahren ausgesetzt, da die Strömung im Rhein an der Anlegestelle sehr stark sei und dort reger Schiffsverkehr herrsche. Die Stimmung auf der Feier sei nach dem Zwischenfall jäh gekippt. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis nach Anhörung des Betriebsrats mit Schreiben vom 12.09.2022 fristlos gekündigt. Die Kündigungsschutzklage hätte wie bereits vor dem Arbeitsgericht Erfolg gehabt.
Die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts hat in der mündlichen Verhandlung die Argumentation des Arbeitsgerichts zur fehlerhaften Betriebsratsanhörung nicht geteilt. Es hat in dem Verhalten des Klägers am 09.09.2022 indes eine Pflichtverletzung mit Bezug zum Arbeitsverhältnis gesehen. Mit dem Schwimmen im Rhein habe er sich selbst aufgrund der Strömungen und des Schiffsverkehrs potenziell in Lebensgefahr begeben. Er habe potenziell Dritte gefährdet, die zum Helfen hätten veranlasst werden können. Letztlich scheiterte die Kündigung nach den Äußerungen der Kammer an der fehlenden vorherigen Abmahnung. Diese sei nicht entbehrlich, sondern das richtige und vorrangige Mittel als Reaktion auf die Pflichtverletzung gewesen.
Der von der Arbeitgeberin gestellte Auflösungsantrag (§ 9 KSchG) hatte keinen Erfolg. Zwar hatte der Kläger auf einer weiteren Firmenveranstaltung im Juni 2022, bei der streitig war, ob auch Kunden anwesend waren, mit einem lebensgroßen Deko-Plastik-Flamingo getanzt. Er war mit diesem schließlich mit dem Aufzug zu einem Bildautomaten gefahren und hatte Selfies gemacht. Da die Arbeitgeberin den Kläger für dieses Verhalten zuvor lediglich ermahnt hatte, hatte sie selbst zum Ausdruck gebracht, dass es nicht geeignet war, einer künftigen gedeihlichen Zusammenarbeit der Parteien entgegenzustehen.
Auf Vorschlag der Kammer verständigten die Parteien sich entsprechend der zuvor mitgeteilten Rechtslage wie folgt: 1) Das Arbeitsverhältnis wird fortgesetzt und der Kläger tritt am Montag, den 24.07.2023 seinen Dienst um 08.00 wieder an. 2) Die Beklagte erteilt dem Kläger eine Abmahnung wegen der Störung des Betriebsfriedens und der potenziellen Eigen- und Fremdgefährdung durch das Schwimmen im Rhein neben dem Rheinschiff während der Betriebsfeier. Der Kläger akzeptiert diese Abmahnung und ist einverstanden, dass sie zur Personalakte genommen wird. 3) Damit ist der Rechtsstreit erledigt.“