Vergnügungssteuer: Wettbürosteuer

Die Erhebung einer kommunalen Wettbürosteuer ist unzulässig (BVerwG, Urteile v. 20.09.2022 – BVerwG 9 C 2.22, BVerwG 9 C 3.22 sowie BVerwG 9 C 4.22).
Hintergrund: Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. In NRW wurde die Befugnis auf die Gemeinden übertragen (vgl. § 3 des Kommunalabgabengesetzes).
Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Klägerinnen in den jeweiligen Verfahren sind Unternehmen, die auf dem Gebiet der Stadt Dortmund Wettbüros betrieben. Die Klägerinnen vermittelten die in den Wettbüros angebotenen Renn- und Sportwetten, eine Klägerin veranstaltete auch selbst Pferdewetten als Buchmacherin.
Die beklagte Stadt Dortmund erhebt seit dem Jahr 2014 eine kommunale Wettbürosteuer als örtliche Aufwandsteuer. Besteuert wird der Aufwand für die Teilnahme an Pferde- und Sportwetten in Wettbüros, bei denen es sich nach der Steuersatzung um Einrichtungen handelt, die wie im Fall der Klägerinnen neben der Annahme von Wettscheinen auch das Mitverfolgen der Wettereignisse an Monitoren ermöglichen. Dabei soll die vom Betreiber des Wettbüros geschuldete Steuer auf die Wettkunden abgewälzt werden.
Das VerwG im Jahr 2017 zur Wettbürosteuersatzung der Stadt Dortmund entschieden, dass eine Wettbürosteuer jedenfalls nicht nach der Fläche des Wettbüros bemessen werden darf (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 30.06.2017). Daraufhin änderte die Stadt rückwirkend ihre Satzung und legte nunmehr den Brutto-Wetteinsatz als Steuermaßstab fest; der Steuersatz beträgt 3 %. Die Klagen gegen die auf dieser Grundlage ergangenen Steuerbescheide wiesen die Vorinstanzen ab. Das OVG Münster ließ jedoch jeweils die Revision zur Klärung der Frage zu, ob die Erhebung einer Wettbürosteuer nach der Satzungsänderung wegen Gleichartigkeit zu bundesrechtlich geregelten Steuern im Rennwett- und Lotteriegesetz gesperrt ist. Diese betragen jeweils 5 % des Wetteinsatzes.
Das BVerwG hat die Revisionsverfahren im Hinblick auf die zu erwartende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Zulässigkeit einer kommunalen Übernachtungssteuer zunächst ausgesetzt.
Entscheidung: Auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 22.03.2022 – 1 BvR 2868/15 u.a. (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 17.05.2022) ist das Bundesverwaltungsgericht nunmehr zu dem Ergebnis gekommen, dass die Erhebung einer (zusätzlichen) kommunalen Wettbürosteuer nicht zulässig ist, weil sie den bundesrechtlich im Rennwett- und Lotteriegesetz geregelten Steuern (Rennwetten- und Sportwettensteuer) gleichartig ist. Bei diesen Steuern handelt es sich um spezielle Bundessteuern, die die Erhebung einer örtlichen Aufwandsteuer für denselben Gegenstand ausschließen.

Steuerbefreiung für europäische Einrichtungen

Das BMF hat ein Schreiben zur Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 7 Satz 1 Buchst. b bis d und f UStG und zum Nachweis der im Gastmitgliedstaat geltenden Voraussetzungen (§ 4 Nr. 7 Satz 5 UStG) veröffentlicht (BMF, Schreiben v. 16.09.2022 – III C 3 – S 7158-e/22/10001 :001).
Hintergrund: Durch Artikel 15 Nummer 2 und 3 des Jahressteuergesetzes 2020 vom 21.12.2020 wurden mit § 4 Nr. 7 Satz 1 Buchst. e und f UStG Regelungen zur Steuerbefreiung von Leistungen im Zusammenhang mit der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Union in das Umsatzsteuergesetz eingefügt. Die Gesetzesänderung dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2235 des Rates vom 16.12.2019 (ABl. L 336 vom 30.12.2019, S. 10). Die Regelungen sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 30.06.2022 ausgeführt werden.
Daneben wurde durch Artikel 1 Nummer 3 des Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben im Umsatzsteuerrecht vom 21.12.2021 § 4c in das Umsatzsteuergesetz eingefügt, der Regelungen zur Steuervergütung für Leistungsbezüge europäischer Einrichtungen insbesondere in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie enthält. Unionsrechtliche Grundlage ist insoweit die Richtlinie (EU) 2021/1159 des Rates vom 13.07.2021 (ABl. L 250 vom 15.07.2021, S. 1). Die Regelungen sind rückwirkend zum 01.01.2021 anzuwenden (Artikel 1 Nummer 6 a. a. O. in Verbindung mit § 27 Abs. 35 Satz 1 UStG).
Voraussetzung der Steuerbefreiung
Nach § 4 Nr. 7 Satz 3 UStG sind für die Steuerbefreiung der Umsätze an die in § 4 Nr. 7 Satz 1 Buchstaben b bis d UStG und im neu eingefügten Buchstaben f genannten Einrichtungen und Personen die in dem Gastmitgliedstaat geltenden Voraussetzungen und Beschränkungen maßgebend. Der leistende Unternehmer muss gem. § 4 Nr. 7 Satz 5 UStG dies durch eine Bescheinigung vom vorgenannten Leistungsempfänger, ausgestellt von der zuständigen Behörde des Gastmitgliedstaates (bzw. durch eine von der begünstigten Einrichtung selbst ausgestellte Bescheinigung) nach amtlich vorgeschriebenem Muster, nachweisen. Die Bescheinigung wird von den zuständigen Behörden des Aufnahmemitgliedstaats bzw. von der begünstigten Einrichtung mit einem Dienststempelabdruck versehen.
Änderung des Musters der Bescheinigung
Die materiell-rechtlichen Änderungen haben eine Anpassung der Bescheinigung nach Artikel 51 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 notwendig gemacht. Die entsprechenden Änderungen des harmonisierten Bescheinigungsmusters wurden mit der Durchführungsverordnung (EU) 2022/432 des Rates vom 15.3.2022 vorgenommen (ABl. L 88 vom 16.03.2022, S. 15).
Das für den Nachweis der Voraussetzungen der Steuerbefreiungen mit dem Bezugsschreiben vom 23.06.2011 bekannt gemachte Vordruckmuster wird durch das in deutscher, englischer und französischer Sprache dem Schreiben beigefügten Muster ersetzt.

Rücklage für Ersatzbeschaffung – Verlängerung

Das BMF hat R 6.6 EStR in Bezug auf die vorübergehende Verlängerung der Reinvestitionsfristen bei der Rücklage für Ersatzbeschaffung angepasst (BMF, Schreiben v. 20.09.2022 – IV C 6 – S 2138/19/10002 :003).
Danach gilt zur Rücklage für Ersatzbeschaffung nach R 6.6 EStR Folgendes:
• Die in R 6.6 Absatz 4 Satz 3 bis 6, Absatz 5 Satz 5 und 6 sowie Absatz 7 Satz 3 und 4 EStR geregelten Fristen für die Ersatzbeschaffung oder Reparatur bei Beschädigung nach Bildung einer Rücklage nach R 6.6 Absatz 4 EStR verlängern sich jeweils um drei Jahre, wenn die Rücklage ansonsten am Schluss des nach dem 29.02.2020 und vor dem 1.1.2021 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.
• Die genannten Fristen verlängern sich um zwei Jahre, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 31.12.2020 und vor dem 1.1.2022 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.
• Sie verlängern sich um ein Jahr, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 31.12.2021 und vor dem 01.01.2023 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre.

Prüfung einer Übergewinnsteuer

Die Besteuerung bestimmter Sachverhalte lässt sich verfassungsrechtlich bei Vorliegen von Sachgründen grundsätzlich rechtfertigen. Es komme aber auf die genaue Ausgestaltung der Bemessungsgrundlage an, heißt es in der Antwort der Regierung (BT-Drucks. 20/3237) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (BT-Drucks. 20/3116), die sich nach Planungen für eine sog. Übergewinnsteuer erkundigt hatte.
An der Prüfung der Übergewinnsteuer seien das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das Bundesministerium der Finanzen beteiligt. Das Auswärtige Amt sei teilweise eingebunden gewesen. Mögliche makroökonomische Auswirkungen würden in die Prüfung miteinbezogen.

Zollrecht: Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz

Hat die nach dem AMG fachlich zuständige Behörde entschieden, dass es sich bei den in einer Postsendung enthaltenen Produkten um Arzneimittel handelt, die gemäß § 73 Arzneimittelgesetz (AMG) einem Verbringungsverbot unterliegen, so ist das HZA an diese Entscheidung gebunden. Ob die Entscheidung der zuständigen Arzneimittelbehörde rechtmäßig ist, kann wegen der Feststellungswirkung der fachbehördlichen Entscheidung im finanzgerichtlichen Verfahren nicht überprüft werden. Rechtsschutz ist insoweit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu suchen (BFH, Urteil v. 17.05.2022 – VII R 4/19; veröffentlicht am 22.09.2022).
Hintergrund: Gemäß Art. 172 UZK werden Zollanmeldungen, die die Anforderungen des Titels V Kapitel 2 des UZK erfüllen, von den Zollbehörden unverzüglich angenommen, sofern die betreffenden Waren den Zollbehörden gestellt wurden. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 ZollVG lehnt die Zollbehörde die Annahme einer Zollanmeldung ab, wenn Verbote und Beschränkungen entgegenstehen (s. dazu auch Senatsurteil vom 19.10.2021 – VII R 7/18, Rz 28 ff., m.w.N.).

Einkünftezurechnung bei sog. doppelter Treuhand

Bei der sog. doppelten Treuhand kann (auch) nach Eintritt des Sicherungsfalles ein steuerrechtlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis i. S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO vorliegen (BFH, Urteil v. 04.05.2022 – I R 19/18; veröffentlicht am 22.9.2022).
Sachverhalt: Der Kläger, ein eingetragener Verein, hat gem. § 2 Nr. 1 seiner Satzung den Zweck, „das ihm zu treuen Händen übertragene Treuhandvermögen der … AG und deutscher … Konzerngesellschaften … zu halten und zu verwalten“. Das Treuhandvermögen wird in der Satzung als der Teil des Vermögens der Unternehmen definiert, der jeweils zur Sicherung der Pensionsverpflichtungen der Unternehmen gegenüber ihren versorgungsberechtigten Personen, insbesondere Mitarbeitern und deren Hinterbliebenen aus Pensionszusagen, dient und dem Verein zu diesem Zweck übertragen wurde, sowie alle Surrogate dieses Vermögens. Der Kläger verfolgt gem. § 2 Nr. 2 seiner Satzung keine Erwerbsinteressen. Er wird unentgeltlich tätig.
Über das Vermögen der AG wurde im Jahr 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Nach Aufforderung durch das FA reichte der Kläger Körperschaftsteuererklärungen für die Jahre 2009 und 2010 (Streitjahre) ein. Er erklärte darin – entgegen seiner eigenen Rechtsauffassung – Einkünfte aus Kapitalvermögen, wobei er eine Kürzung gem. § 8b Abs. 1 KStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung vornahm sowie – wegen fehlender Betriebsausgaben – eine Hinzurechnung nach § 8b Abs. 5 KStG unterließ.
Das FA setzte die Körperschaftsteuer für die Streitjahre fest. Dabei nahm es jeweils eine Hinzurechnung gem. § 8b Abs. 5 KStG vor.
Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (FG Düsseldorf, Urteil v. 15.05.2018 – 6 K 357/15 K).
Der BFH hat die Revision als begründet angesehen und das FG-Urteil sowie die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide aufgehoben:
• Der Kläger ist gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG als rechtsfähiger Verein mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Nach den Feststellungen des FG ist er nicht gem. § 5 KStG von der Steuer befreit. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf sämtliche Einkünfte (§ 1 Abs. 2 KStG). Da der Kläger als sonstige juristische Person des privaten Rechts nicht § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG unterfällt, sind nicht alle von ihm erzielten Einkünfte gem. § 8 Abs. 2 KStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln; vielmehr kann er wie die Vorinstanz zutreffend angenommen hat auch Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung erzielen.
• Der Ansatz der Dividenden als (Betriebs-)Einnahmen setzt voraus, dass jene Einnahmen dem Kläger steuerrechtlich zuzurechnen sind. Die persönliche Zurechnung von Dividenden richtet sich für die Streitjahre nach § 20 Abs. 5 EStG i. V. mit § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG. Anteilseigner i. S. des § 20 Abs. 5 Satz 1 EStG ist derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile an dem Kapitalvermögen i. S. des Abs. 1 Nr. 1 im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind.
• Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen, damit dem zivilrechtlichen Eigentümer oder Inhaber des Wirtschaftsguts. Abweichend davon bestimmt allerdings § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO, dass bei Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen sind; dies setzt im konkreten Einzelfall ein steuerrechtlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis voraus. Dies war in Bezug auf die in Rede stehenden Aktien in den Streitjahren der Fall.
• Im Streitfall liegt auch nach Eintritt des Sicherungsfalles (§ 5 Ziff. 3 Buchst. c des Treuhandvertrages) ein steuerrechtlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis i. S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO vor.
• Der von der Vorinstanz für rechtmäßig erachtete Ansatz der sonstigen Kapitalforderungen als (Betriebs-)Einnahmen setzt voraus, dass jene Einnahmen dem Kläger steuerrechtlich zuzurechnen sind. Die persönliche Zurechnung von sonstigen Kapitalforderungen kommt aber nur in Betracht, wenn der Kläger Inhaber der auf einen Geldbetrag gerichteten Forderungen ist. Eine Zurechnung von Einkünften scheidet dabei aus, wenn die bezogenen Erträge weitergeleitet werden müssen, ohne dass rechtlich in irgendeiner Weise auf die Verwaltung des Vermögens Einfluss genommen werden kann (BFH, Urteil v. 26.11.1997 – X R 114/94). Dies ist hier der Fall.

Zur Zulässigkeit einer negativen Bewertung bei eBay (hier: „Versandkosten Wucher!!“)

Bundesgerichtshof, VIII-ZR-319/20
Pressemitteilung vom 28.09.2022
Pressemitteilung Nr. 141/2022

Pressetext:
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über die Frage entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Verkäufer, der ein Produkt über die Internetplattform eBay verkauft, einen Anspruch gegen den Käufer auf Entfernung einer von diesem abgegebenen negativen Bewertung hat.
Sachverhalt:
Der Beklagte erwarb von der Klägerin über die Internetplattform eBay vier Gelenkbolzenschellen für 19,26 € brutto. Davon entfielen 4,90 € auf die dem Beklagten in Rechnung gestellten Versandkosten. Der Verkauf erfolgte auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, denen die Parteien vor dem Geschäft zugestimmt hatten. Dort heißt es auszugsweise:
㤠8 Bewertungen
[…]
2. Nutzer sind verpflichtet, in den abgegebenen Bewertungen ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Die von Nutzern abgegebenen Bewertungen müssen sachlich gehalten sein und dürfen keine Schmähkritik enthalten.
[…]“.
Nach Erhalt der Ware bewertete der Beklagte das Geschäft in dem von eBay zur Verfügung gestellten Bewertungsprofil der Klägerin mit dem Eintrag „Ware gut, Versandkosten Wucher!!“.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Amtsgericht hat die auf Entfernung dieser Bewertung und Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Amtsgerichts handele es sich bei der Bezeichnung der Versandkosten als „Wucher“ um ein Werturteil, das nur dann unzulässig sei, wenn es sich um eine Schmähkritik handele. Eine solche liege jedoch nicht vor. Die Bewertung weise einen Sachbezug auf, weil sie in einen Zusammenhang mit den Versandkosten gestellt sei.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Beklagten antragsgemäß zur Entfernung der Bewertung und zum Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt. Aus Sicht des Berufungsgerichts habe der Beklagte eine nachvertragliche Nebenpflicht verletzt (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB). Die Bewertung verstoße gegen das Sachlichkeitsgebot aus § 8 Nr. 2 Satz 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay (nachfolgend: eBay-AGB). Daraus ergebe sich ein über die Abwehr von Schmähkritik hinausgehender Schutz. Bei der Bewertung „Versandkosten Wucher!!“ handele es sich um eine überspitzte Beurteilung ohne sachlichen Bezug, die nicht gerechtfertigt sei, weil für einen objektiven Leser nicht erkennbar sei, warum sich die Versandkosten aus Sicht des Käufers als „Wucher“ darstellten.
Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Die Revision des Beklagten hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf Entfernung der Bewertung „Versandkosten Wucher!!“ nicht zusteht, auch nicht unter dem vom Berufungsgericht herangezogenen Gesichtspunkt einer (nach-)vertraglichen Nebenpflichtverletzung.
Anders als das Berufungsgericht es gesehen hat, enthält die Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 2 der eBay-AGB über die bei Werturteilen ohnehin allgemein geltende (deliktsrechtliche) Grenze der Schmähkritik hinaus keine strengeren vertraglichen Beschränkungen für die Zulässigkeit von Werturteilen in Bewertungskommentaren.
Zwar ist der Wortlaut der Klausel nicht eindeutig. Für das Verständnis, dem Sachlichkeitsgebot in § 8 Abs. 2 Satz 2 der eBay-AGB solle gegenüber dem Verbot der Schmähkritik ein eigenständiges Gewicht nicht zukommen, spricht aber bereits der Umstand, dass hier genaue Definitionen zu dem unbestimmten Rechtsbegriff „sachlich“ in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen fehlen. Es liegt in diesem Fall im wohlverstandenen Interesse aller Beteiligten, die Zulässigkeit von grundrechtsrelevanten (Art. 2 Abs. 1, Art. 12 GG [beim Verkäufer], Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG [beim Käufer]) Bewertungen eines getätigten Geschäfts an den gefestigten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Schmähkritik auszurichten und hierdurch die Anforderungen an die Zulässigkeit von Bewertungskommentaren für die Nutzer und eBay selbst möglichst greifbar und verlässlich zu konturieren. Zudem hätte es der gesonderten Erwähnung der Schmähkritikgrenze nicht bedurft, wenn dem Nutzer schon durch die Vorgabe, Bewertungen sachlich zu halten, eine deutlich schärfere Einschränkung hätte auferlegt werden sollen. Außerdem würde man der grundrechtlich verbürgten Meinungsfreiheit des Bewertenden von vorherein ein geringeres Gewicht beimessen als den Grundrechten des Verkäufers, wenn man eine Meinungsäußerung eines Käufers regelmäßig bereits dann als unzulässig einstufte, wenn sie herabsetzend formuliert ist und/oder nicht (vollständig oder überwiegend) auf sachlichen Erwägungen beruht. Eine solche, die grundrechtlichen Wertungen nicht hinreichend berücksichtigende Auslegung entspricht nicht dem an den Interessen der typischerweise beteiligten Verkehrskreise ausgerichteten Verständnis redlicher und verständiger Vertragsparteien.
Die Grenze zur Schmähkritik ist durch die Bewertung „Versandkosten Wucher!!“ nicht überschritten. Wegen seiner das Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG beschränkenden Wirkung ist der Begriff der Schmähkritik nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äußerung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll.
Daran fehlt es hier. Bei der Bewertung „Versandkosten Wucher!!“ steht eine Diffamierung der Klägerin nicht im Vordergrund. Denn der Beklagte setzt sich – wenn auch in scharfer und möglicherweise überzogener Form – kritisch mit einem Teilbereich der gewerblichen Leistung der Klägerin auseinander, indem er die Höhe der Versandkosten beanstandet. Die Zulässigkeit eines Werturteils hängt nicht davon ab, ob es mit einer Begründung versehen ist.

AfA-Berechtigung des Erwerbers nach entgeltlichem Erwerb eines Anteils

Hat der Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft seinen Anteil entgeltlich erworben, kann er AfA auf die anteilig miterworbenen abnutzbaren Wirtschafts-güter des Gesamthandsvermögens nur nach Maßgabe seiner Anschaffungskosten und der Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs beanspruchen (BFH, Urteil v. 03.05.2022 – IX R 22/19; veröffentlicht am 22.09.2022). Sachverhalt: Streitig ist die Berechtigung zum Abzug von AfA des Erwerbers nach entgeltlichem Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden GbR: Im Streitfall waren ursprünglich zwei Brüder zu je 50% an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt. Die GbR erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Bruder A schied aus der Gesellschaft aus, indem er seinen Anteil teilweise an seinen Bruder B und teilweise an seine Schwägerin C veräußerte. Streitig war vor allem, ob die von der GbR für den Erwerb von Grundstücken aufgenommenen und noch nicht getilgten Darlehen (Verbindlichkeiten der GbR) die Anschaffungskosten der Erwerber und dementsprechend die AfA auf die anteilig miterworbenen Gebäude erhöhte. Das Finanzamt und das FG hatten dies abgelehnt (FG Köln, Urteil v. 10.10.2018 – 9 K 3049/15). Der BFH hob das Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:
• Ist nach dem entgeltlichen Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft streitig, in welcher Höhe dem Erwerber auf die (anteilig miterworbenen) abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens AfA zusteht und in welchem Umfang der auf der Gesellschaftsebene ermittelte und ihm zugerechnete Ergebnisanteil deshalb korrigiert werden muss, ist der Erwerber zum Klageverfahren der Gesellschaft gegen den Feststellungsbescheid notwendig beizuladen.
• Hat der Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft seinen Anteil entgeltlich erworben, kann er AfA auf die anteilig miterworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens nur nach Maßgabe seiner Anschaffungskosten und der Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Anteilserwerbs beanspruchen.
• Bei der Ermittlung der AfA-Berechtigung des Erwerbers nach entgeltlichem Anteilserwerb erhöhen die dem Anteil entsprechenden Gesellschaftsschulden die Anschaffungskosten des Erwerbers, soweit sie den anteilig miterworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens direkt zugeordnet werden können.
• Die Anschaffungskosten des Anteilserwerbers sind, soweit sie den Buchwert der erworbenen Beteiligung übersteigen, den anteilig miterworbenen Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens nach dem Verhältnis der in ihnen ruhenden stillen Reserven einzeln zuzuordnen.
• Beim anteiligen Miterwerb von bebauten Grundstücken des Gesamthandsvermögens ist – soweit es um die AfA des Anteilserwerbers geht – eine erneute Aufteilung der anteiligen Anschaffungskosten auf Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits erforderlich.

Befristete Umsatzsteuersenkung auf die Lieferung von Gas

Der Bundestag hat sich am 22.09.2022 in 1. Lesung mit dem Entwurf eines „Gesetzes zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ (BT-Drucks. 20/3530) auseinandergesetzt.
Das Gesetz sieht vor, dass die Umsatzsteuer auf die Lieferung von Gas befristet von derzeit 19 Prozent auf 7 Prozent abgesenkt wird. Die Senkung der Umsatzsteuer ist im Zeitraum vom 01.10.2022 bis zum 31.03.2024 vorgesehen. Wie die Fraktionen schreiben, entspricht der Zeitraum der Absenkung der Umsatzsteuer dem Zeitraum, in dem auch die Gasbeschaffungsumlage erhoben wird.
Damit den Kunden keine zusätzlichen Belastungen aus der obligatorischen Erhebung der Umsatzsteuer auf die Gasbeschaffungsumlage entstehen, soll jetzt die Umsatzsteuer auf den Gasbezug insgesamt gesenkt werden. Denn die steigenden Energiepreise seien bereits jetzt eine große Belastung für viele Bürgerinnen und Bürger. Die Bestrebungen, Deutschland schnellstmöglich unabhängig von russischem Erdgas zu machen, könnten diese Entwicklung verstärken. Auch die Umlage zur Finanzierung der Ersatzbeschaffungskosten der von ausbleibenden russischen Lieferungen betroffenen Gasimporteure werde weitere Preisanstiege nach sich ziehen.
Von den Unternehmen erwarten die Koalitionsfraktionen, dass sie die Senkung der Umsatzsteuer in vollem Umfang an die Verbraucher weitergegeben werden. Die Mindereinnahmen durch die Umsatzsteuersenkung werden bis zum Jahre 2024 auf insgesamt 11,265 Milliarden Euro veranschlagt.

Organschaft bei GmbH & Co. KG (BFH)

Für die wirtschaftliche Eingliederung i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG müssen die Unter-nehmens¬bereiche von Organträger und Organ¬gesell¬schaft miteinander verflochten sein. Dabei kann die wirtschaftliche Eingliederung auch auf der Verflechtung zwischen den Unter-nehmens¬bereichen zweier Organ¬gesell¬schaften beruhen. Es müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unter¬nehmens¬bereichen bestehen. Hieran fehlt es bei der Vermietung von ohne weiteres austauschbaren Büroräumen (BFH, Urteil v. 01.02.2022 – V R 23/21; veröffentlicht am 22.09.2022). Hintergrund: Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers eingegliedert ist (Organschaft). Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 11 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwert¬steuersystem (MwStSystRL).